Tiere in Unterricht und Schulleben

Reinhard Marks

Tiere im Unterricht

Kinder der Grundschule und der Orientierungsstufe interessieren sich sehr für alle Arten von Tieren, insbesondere für diejenigen, mit denen sie direkt umgehen können. Wenn im Unterricht die Sprache auf Tiere kommt, sind viele Kinder in ihrem Drang, Erlebnisse und Wissen über dieses oder jenes Tier vorzutragen, kaum zu bremsen.

Kinder sind empört über jegliche Art der Tierquälerei. Wilhelm Buschs „böser Friederich“ stellt da eher eine Ausnahme dar. Kinder, wie im übrigen auch viele Erwachsene, erkennen in der Regel nur jene Formen als Tierquälerei, die zu Körperverletzungen führen (können). Subtilere Formen der Quälerei, wie z. B. ein zu geringes Raumangebot, wird ein Kind von sich aus nicht erkennen. Die Bedürfnisse des Tieres zu erkennen, bedarf der Mithilfe erfahrener und sensibler anderer Menschen, in der Regel Erwachsener, z. B. Eltern und Lehrer.

Viele Kinder haben ein Tier oder wünschen sich eins. Das sollte für die Erziehung zum richtigen Umgang mit Tieren genutzt werden.

Der Umgang mit Tieren wird in den Lehrplänen aufgegriffen. Im Lehrplan für den Sachunterricht der Grundschule sind „Tiere“ das Thema des Erfahrungsbereichs 7. U. a. sollenTiere in ihrem Lebensbereich beobachtet, die Anpassung an den Lebensraum erkannt, das Verhalten von Eltern und Jungtieren beobachtet und die Tierdarstellungen in Medien kritisch hinterfragt werden.

Insbesondere wird für das 2. Schuljahr das „Halten und Pflegen eines Tieres“ thematisiert und die Empfehlung ausgesprochen, „unter Beachtung des Seuchenerlasses Tiere über einen längeren Zeitraum in der Klasse zu halten und zu pflegen“ (Lehrplan Sachunterricht 1984, S. 32). Meerschweinchen, Fische, Vögel und Schnecken werden vorgeschlagen.

Kinder sollen durch Beobachtung die Tierwelt besser kennen und damit die Lebensgewohnheiten der Tiere verstehen lernen. „Dieses Verständnis setzt voraus, dass zu der emotionalen Bindung, die nicht im Sinne einer für das Tier verhängnisvollen ‘Liebe’ missverstanden werden darf – viele Tiere sterben elend in Kinderhand! – das Wissen um die Entwicklung und die Bedürfnisse von Tieren hinzukommen muss“ (ebda. S.30).

Der Lehrplanentwurf Biologie von 1997 fordert für die Orientierungsstufe das Thema „Umgang mit Tieren und ihren Lebensansprüchen“: Thematisiert werden die „natürlichen Ansprüche, die der Mensch beachten muss, wenn er sie nutzt, in seine Obhut nimmt oder in ihr soziales Gefüge eingreift.“ Hund und Katze werden dabei als Unterrichtsinhalte genannt.

Einbeziehung von Beobachtungen, die außerhalb der Schule gemacht werden

In vielen Fällen wird neben der Tierhaltung in der Schule und als Ersatz für diese der Rückgriff auf außerschulische Erfahrungen der Kinder notwendig sein. Die Kinder sollten zum zielgerichteten Beobachten in der unterrichtsfreien Zeit angeregt werden (z. B. als Hausaufgabe). Diese Beobachtungen werden in der Schule reflektiert, vertieft und gewertet. Sie werden sich zunächst auf das häusliche Umfeld beziehen, auf eigene Tiere, auf die der Nachbarn. Unter Beobachtungen ist auch gemeint, dass die Kinder z. B. untersuchen, auf welche Geräusche Hund und Katze schreckhaft reagieren, ob und wie sich Pupillen verändern, welche Putzbewegungen ausgeführt werden, wie ein Tier auf sein Spiegelbild reagiert usw.

Aufschluss über das Tier liefert auch das Lernverhalten. Was kann ein Tier lernen, was nicht? Zu einfachen Dressurversuchen sollte angeregt werden. Erkenntnis: Tiere lernen in der Regel nur jene Verhaltensweisen, die ihre genetische Anlage erlaubt und die für ihre noch nicht domestizierten Vorfahren (überlebens)notwendig waren.

Tierhaltung in der Schule

Heimtierarten, die man mehrere Tage oder gar Wochen lang in der Schule halten kann, sofern die notwendigen Voraussetzungen bestehen, gehören zu folgenden Tiergruppen: Ziervögel, Aquariumfische, Schildkröten, Hamster, Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen. Andere Tiere können einige Stunden an einem Unterrichtsvormittag in der Schule aushalten: Hunde, manchmal auch eine „geduldige“ Katze.

Die räumlichen Gegebenheiten, die die Schule bietet, sollten für eine längere Tierhaltung nicht nur gerade ausreichend, sondern auch vorbildlich sein, da sie dadurch die Ansprüche der Tiere klar herausstellen.

Die regelmäßige Pflege (Füttern, Säubern der Unterkunft, Wasserversorgung) usw. muss gesichert sein. Das ist Aufgabe der Schüler, denn durch diese Verpflichtung spüren sie, was es heißt, die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen. Die Versorgung über die Wochenenden bei längerer Haltung könnten ggf. auch Erwachsene (Lehrer, Hausmeister) übernehmen.

Lehrer sollten aber Schüler nicht überfordern und sich selbst auch nicht.

Beratung der Kinder beim Wunsch nach einem Heimtier

Lehrerinnen und Lehrer sollten ihre Möglichkeiten nutzen, Einfluss auf die Haltung von Heimtieren auszuüben. Neben der lehrplangerechten Problematisierung im Sach- bzw. Biologieunterricht (s. o.) gibt es viele Gelegenheiten – in Pausengesprächen, bei Unterrichtsgängen und Wandertagen – mit den Kindern über die Freude am eigenen Tier zu sprechen, aber auch die notwendigen Verpflichtungen deutlich zu machen. Häufig wird der Lehrer auch den Verzicht empfehlen müssen oder ein anderes als das gewünschte Tier vorschlagen. Im Interesse des Tieres sollte im Zweifelsfalle von der Haltung des gewünschten Tieres abgeraten werden.

Eltern erfüllen oftmals den Tierwunsch ihrer Kinder, ohne selbst zu wissen, welche Voraussetzungen für die Haltung eines Tieres gegeben sein müssen. Da Tiere oft klein sind, werden auch kleine (preiswerte) Behausungen erworben.

Hilfestellung kann Eltern z. B. an Elternabenden gegeben werden. Zwei der wichtigsten Erkenntnisse, die die Lehrer vermitteln müssten, sind diese:

– Viele Tierarten leben gesellig; das Halten eines Einzeltiers wird diesem in seinen Lebensansprüchen nicht gerecht.

– Der Kaufpreis eines Tieres ist in der Regel im Vergleich zu weiteren Kosten relativ gering: Ein Käfig, ein Aquarium – jeweils in tiergerechter Größe -, die Tierarztkosten (z. B. für eine Kastration), das Futter usw. machen ein Vielfaches des Kaufpreises aus.

Der Rat von Fachleuten sollte eingeholt werden. Empfehlenswerte Literatur (s. Anhang), in der die Kinder, aber auch die Eltern stöbern können, sollte in der Schule nach Möglichkeit angeschafft werden.

Bildung einer Tierschutzgruppe in der Schule

Um den Umgang mit Tieren möglichst langfristig und dauerhaft zu einem Anliegen der Schule zu machen, ist die Einrichtung einer entsprechenden Arbeitsgemeinschaft (die sich mit mehr als nur den Heimtieren beschäftigen sollte) eine Erfolg versprechende Maßnahme. Aufgaben, die eine Arbeitsgemeinschaft übernehmen kann, sind

– Pflege von in der Schule gehaltenen Tieren,
– Übernahme der Patenschaft für ein Tier eines nahgelegenen Tierheims,
– Vorstellung von Wissenswertem über Tiere auf einer Informationstafel in der Pausenhalle,
– Durchführung von Aktionen zu aktuellen Problemen des Tierschutzes,
– Informationen zu Tieren in Spielfilmen,
– Tiere und ihr Verhalten in Comics (Snoopy, Garfield & Co)

Bei der Tierhaltung in der Schule kann eine Kooperation mit dem Zoofachhandel am Ort für beide Seiten sehr vorteilhaft sein: Der Zoohändler stellt als namentlich genannter Sponsor für eine vereinbarte Zeit Tiere und geeignete, den Anforderungen optimal entsprechende Käfige kostenlos der Schule zur Verfügung.

Eine Projektwoche, in der erfahrungsgemäß häufig das Thema „Tierschutz“ aufgegriffen wird (meist mit Besuch eines Tierheims), ist eine gute Gelegenheit, um eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben zu rufen, da sich für dieses Projekt die besonders interessierten Kinder melden.

Tiere in Film und Literatur

Eine alte Erkenntnis ist die, dass der Mensch im Wesentlichen nur das Menschliche an Tieren liebt. Welch ein Fortschritt im Umgang mit Tieren wäre es, wenn er stattdessen mehr Verständnis für das spezifisch Tierische entwickeln würde!

Letzteres bleibt meist in Fernsehen und Literatur den Dokumentarfilmen und Sachbüchern überlassen. Auf der von viel mehr Menschen wahrgenommen Unterhaltungsseite hingegen werden Fury, Lassie, Rex und andere Fernsehhelden nicht als Tiere, sondern als Menschen dargestellt. Fernsehsendungen mit Tieren als Hauptdarsteller gehören zu den Lieblingssendungen der Kinder. Die Heldentaten der Tiere, denen weise Vorausschau, Verantwortungsgefühl, (menschliche) Intelligenz, taktisches Vorgehen usw. zu Grunde liegen, sollten in der Schule bei passenden Gelegenheiten thematisiert werden. Dabei werden neben dem Ziel, tierisches Verhalten zu verstehen und einschätzen zu können, auch aus medienpädagogischer Sicht wichtige Erkenntnisse gewonnen, z. B. die bei solchen Filmen besonders wichtige Bedeutung der Schnitttechnik.

Ebenso wie Filme mit Tieren sind auch Kinder- und Jugendbücher mit Tieren sehr beliebt. Die Vermenschlichung macht auch hier nicht Halt. Bei der Auswahl der Bücher für eine Klassen- oder Schülerbibliothek sollte daher dieser Aspekt bedacht werden.

Aus: Pädagogisches Zentrum und Tierschutzbeirat des Landes Rheinland-Pfalz (Hrsg.), Vom Umgang mit Heimtieren, PZ-Information, 15/97, Bad Kreuznach, 1997

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