Tierschutz im Pferdesport

Walter Hanhart, Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz

Viele Tierschützer sind davon überzeugt, dass Pferdesport und Tierschutz unvereinbare Gegensätze darstellen. Vor einigen Jahren bestärkte sie das Bekanntwerden bestimmter Trainingsmethoden im Springsport in ihrer Auffassung. Anhand dieser Fernsehbilder wurde argumentiert, dass Pferde nur mit roher Gewalt zum Überwinden von Hindernissen gezwungen werden könnten und Sport mit Pferden grundsätzlich tierschutzwidrig sei.

Hier – wie generell im Leben – sind Verallgemeinerungen unangebracht. Gewalt gegenüber Tieren, deren Mitgeschöpflichkeit gesetzlich anerkannt und deren Schutz nach langen Diskussionen endlich ins Grundgesetz aufgenommen worden ist, stellt einen Verstoß gegen mehrere Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (§ 1, § 3) dar. Jedoch sind die Arbeit mit und der Schutz von Tieren – auch im Reitsport – keine unüberwindlichen Gegensätze.

Für den Tierarzt, der nach der Bundestierärzteordnung „der berufene Schützer der Tiere“ ist, bietet sich hier ein weites Feld der Betätigung, als Berater des Reiters und Anwalt des Pferdes. Der Reitsport ist in den letzten Jahrzehnten zum Volkssport geworden. Im Gegensatz zu früher kennen viele Pferdebesitzer weder die Bedürfnisse noch die Grenzen der ihrem Schutz anvertrauten Pferde, noch können sie diese richtig einordnen. Hauptaufgabe des Tierarztes, wie auch anderer beruflich mit Pferden verbundener Personen, muss daher die Aufklärung dieses Personenkreises sein. Ein Pferd ist nur dann in der Lage, seine angeborenen Fähigkeiten zu entfalten, wenn es sich mit seiner Umwelt im Einklang befindet und seine natürlichen Verhaltensweisen berücksichtigt werden. Besteht auf der einen Seite im Sport die Gefahr der Überforderung, kann auf der anderen Seite nicht verkannt werden, dass das Pferd, wie auch andere Tiere, immer häufiger vermenschlicht werden, was diesen häufig mehr schadet als nutzt. Beispielhaft seien hier zu hohe, wenn auch vom Menschen als angenehm empfundene Stalltemperaturen angeführt, die dem hohen Wärmeregulationsvermögen des Pferdes nicht gerecht werden und es anfällig für Infektionskrankheiten machen.

Ein weiteres Problem im Reitsport stellt die Selbstüberschätzung vieler Reiter dar und, häufig damit verbunden, ihre Unfähigkeit das Leistungsvermögen ihrer Pferde richtig zu beurteilen. Neben Veranlagung, Ernährung und Art der Aufzucht hängt die Leistungsfähigkeit des Pferdes weitgehend vom seinem Ausbildungsstand und Trainingszustand ab.

Bei schonendem Aufbau und dem jeweiligen körperlichen Entwicklungsstand des Pferdes angepasstem und die natürliche Veranlagung förderndem Training kann man beobachten, dass das Springen über Hindernisse offensichtlich nicht nur dem Reiter Freude macht.

Von offizieller Seite – der Deutsche Reiterlichen Vereinigung (FN) – wurde den Belangen des Tierschutzes nach den oben genannten Vorfällen dadurch Rechnung getragen, dass neben der Festlegung ethischer Grundsätze für den Reitsport, allen Vereinen und Verbänden die Benennung Beauftragter für den Tierschutz vorgeschrieben worden ist. Diese Beauftragen sind eingehend auf ihre Aufgabe vorbereitet worden. War bei Leistungswettbewerben in früheren Zeiten die tierärztliche Versorgung lediglich in Form von Rufbereitschaft geregelt, was im Ernstfall zu unvertretbar langen Schmerzen verunfallter Pferde führen konnte, ist heute die ständige Anwesenheit einer Tierärztin/eines Tierarztes, mit besonderer Fortbildung für diese Aufgabe, zwingend vorgeschrieben. Damit ist im Notfall jederzeit sofortige und kompetente Hilfe gewährleistet.

Gesetzgeber und Verbände haben die Rahmenbedingungen für einen tiergerechten, „sauberen“ Reitsport geschaffen. Nun ist es an jedem Reiter und Pferdebesitzer zu beweisen, dass die Liebe zum Pferd, nicht Eitelkeit und Eigennutz Triebfeder für ihren Sport ist.

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