Gedanken zum islamischen Opferfest

Gastbeitrag in der Rhein-Zeitung – von Dr. Helmut Stadtfeld

Nicht nur Weihnachten steht vor der Tür, sondern auch das islamische Opferfest „Kurban Bayrami“. An den Feiertagen, diesmal in der Zeit vom 31.Dezember 2006 bis 03. Januar 2007, ist erfahrungsgemäß das Bedürfnis der muslimischen Mitbürger, ihr Opfertier zu schächten, ihm also bei vollem Bewusstsein die Kehle durchzuschneiden, besonders ausgeprägt. In diesem Jahr dürften diese Bestrebungen durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig zusätzlichen Auftrieb bekommen, mit dem einem türkischen Metzger aus dem hessischen Aßlar das Schlachten nach islamischem Ritual erlaubt worden war. In der Begründung seiner Entscheidung vom 23.11.2006 führt das Gericht aus, dass die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz es nicht ausschließt, einem muslimischen Metzger eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten von Rindern und Schafen zu erteilen, um seine Kunden entsprechend ihrer Glaubensüberzeugung mit Fleisch zu versorgen.

Am Ende eines langen Rechtsstreits stehen wir nunmehr vor der bitteren Erkenntnis, dass die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz noch nicht einmal auf dem Sektor, der seinerzeit Anlass für die Verfassungsänderung gab, einen Fortschritt gebracht hat.

Zur Erinnerung: Eine politische Mehrheit für die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz war im Jahre 2002 unter dem Eindruck des „Schächturteils“ des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zustande gekommen.

Das Leipziger Urteil ist also an sich schon mehr als bedauerlich; die verkürzte Berichterstattung in einigen Medien war aber schlichtweg katastrophal. Hier wurde der Eindruck erweckt, als dürften die Moslems künftig ohne weiteres schächten, als hätten sie quasi einen Freibrief erhalten.

Dem ist eindeutig nicht so. Das Schlachten ohne Betäubung ist nach wie vor nach dem Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten. Wer schächten will, muss einen Antrag stellen und detailliert darlegen, dass ihm zwingende Vorschriften seiner Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen.

Mit dem zwingenden religiösen Bedürfnis ist es aber so eine Sache. Islamische Religionsführer haben bestätigt, dass Muslime überall auf der Welt die lokalen Gesetze und Gepflogenheiten befolgen müssen und verweisen auf das Islamische Fiqh Konzil vom Oktober 1987, nach dessen Auslegung eine vorhergehende Betäubung durch Elektroschock islamkonform ist. Es gibt also eine Alternative zum tierquälerischen Schächten. Die Elektrokurzzeitbetäubung wird nach meiner Erfahrung von den Moslems durchweg akzeptiert, wenn auch mitunter zähneknirschend. Diese Methode der Schmerzausschaltung steht im Einklang mit dem Koran, weil sie die Schlachttiere nicht tötet, ja nicht einmal Gewebe zerstört. Ein elektrisch betäubtes Schaf, welches nicht anschließend entblutet wird, steht nach wenigen Minuten wieder auf und erfreut sich bester Gesundheit. Auch eine weitere Vorschrift des Koran wird uneingeschränkt erfüllt: Die Ausblutung der Schlachttiere ist – da das Herz weiter schlägt – nicht im geringsten beeinträchtigt, der Restblutgehalt in der Muskulatur beträgt bei betäubten und unbetäubten Tieren 1-2 Prozent.

Zwingende Gründe für das Schächten dürften also schwerlich zu belegen sein, gute Gründe dagegen gibt es zuhauf. Die Qual für die Schlachttiere beginnt mit dem Fixieren in Seiten- oder Rückenlage, was insbesondere für Rinder sehr belastend ist. Den Schächtschnitt, der mit einem – leider nicht immer – langen und scharfen Messer durch Haut, Muskulatur, Halsschlagadern, Nervenstränge, Luft- und Speiseröhre geführt wird, erleben die Tiere bei vollem Bewusstsein und zweifellos als sehr schmerzhaft. Das Leiden wird durch Aspiration von Blut in die Lunge und die daraus resultierende Atemnot noch verstärkt.

Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz tritt die Bewusstlosigkeit nicht sofort ein, selbst bei optimaler Ausführung kann es beim Rind länger als eine Minute dauern. Und es gibt Komplikationen und Fehlerquellen. So kommt es vor, dass sich die Hauptschlagadern durch Blutgerinnsel verschließen, so dass bei einzelnen Rindern noch nach 6 Minuten Aufstehversuche beobachtet wurden.

Die zuständigen Kreisveterinärämter sind also gut beraten, etwaige Anträge auf Ausnahmegenehmigung restriktiv zu behandeln und die Antragsteller durch beharrliche Überzeugungsarbeit auf die Schiene Elektrobetäubung zu bringen, letztlich in deren eigenem Interesse. Das Schächten fördert ganz gewiss nicht die Integration unserer muslimischen Mitbürger, eher das Gegenteil. Dies gilt in besonderem Maße für die unangemeldeten Hinterhof-Schächtungen, bei denen neben einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz regelmäßig der Straftatbestand der „Schwarzschlachtung“, also der Schlachtung ohne die vorgeschriebene Schlachttier- und Fleischuntersuchung erfüllt ist.

Silvester und Neujahr werden diesmal für die Amtstierärzte und ihre Mitarbeiter keine Ruhetage.

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